Phase III - Das Gespräch
Vom Einstieg und Abmachungen im Interviewteil
Milva Stark, 1982 in Gelsenkirchen geboren, studierte Schauspiel an der Universität der Künste in Berlin. 2007 erhielt sie den Förderpreis für Bildung und Forschung beim Theatertreffen deutschsprachiger Schauspielschulen in Salzburg. Sie war am Ernst Deutsch Theater in Hamburg und an der Schaubühne Berlin engagiert und von 2008 bis 2021 festes Ensemblemitglied am Konzert Theater Bern (heute Bühnen Bern). Neben ihrer Bühnentätigkeit ist sie als Sprecherin für Hörspiele und Poetry Slammerin aktiv. Seit 2021 arbeitet sie freischaffend. Das Stück über Suizidhinterbliebene, basierend auf Gesprächen mit Betroffenen, ist noch in der Umsetzung. Nach der Recherchephase haben sich die Lebenssituationen der Projektbeteiligten verändert und es wurde entschlossen, das Projekt vorerst ruhen zu lassen.
Es ist entscheidend, einen Ort zu schaffen, an dem sich die Gesprächspartner*innen wohlfühlen und sich öffnen können. Bei einem so sensiblen Thema wie Suizid ist ein Café sicher nicht der geeignete Ort. Je heikler das Thema, desto wichtiger ist eine private Umgebung, um eine Wohlfühlsituation für die Gesprächspartnerinnen zu gewährleisten.
Vor dem Gespräch haben wir die Rahmenbedingungen gemeinsam besprochen. Wir haben klargestellt, dass sie nichts beantworten müssen, was sie nicht beantworten wollen, und betont, dass sie das Interview jederzeit ohne weitere Erklärung unterbrechen oder beenden können. In der Regel gibt es auch Abmachungen von den Gesprächspartner*innen mir gegenüber. Zum Beispiel wusste ich bei einer Person im Voraus, dass sie nicht über die Methode des Suizids sprechen wollte. Solche Abmachungen respektiere ich und frage nicht nach. Zudem haben wir ein Check-in durchgeführt, um zu erfahren, wie es der Person an diesem Tag geht.
Meine selbstauferlegte Regel war, die eigene Neugier zu zügeln. Vor dem Gespräch reflektiere ich, wen ich treffe, was für die Person wichtig ist und was sie benötigt, um sich wohlzufühlen und ein gutes Gespräch führen zu können. Ich bereite mich emotional auf die Person und das Thema vor und versuche, eine ruhige und intime Atmosphäre zu schaffen.
Inhaltlich war es mir wichtig, nicht über die Ursachen des Suizids der Person zu sprechen, die sie verloren hat, sondern über die Sicht der Betroffenen. Zum Beispiel frage ich: «Was hättest du dir nach dem Vorfall gewünscht oder gebraucht?» Dies reduziert Sensationslust. Es ist essenziell, die vorher vereinbarten Grenzen zu spüren und zu respektieren, ohne Druck auszuüben und ohne effekthascherischen Bild- oder Blick-Journalismus zu betreiben.
Mit einem gut vorbereiteten Fragenkatalog ging ich in das Gespräch. Starke Fragen helfen, die eigene «Skandallust» zu kontrollieren. Man darf nichts erzwingen und muss seine Machtposition als Fragende*r bedenken.
Reflektiere dein Projekt
Welcher Ort ist der richtige für eure Gesprächspartner*innen? Wie wollt ihr ihn gemeinsam festlegen und gestalten?
Habt ihr die Rahmenbedingungen direkt vor dem Gespräch noch einmal besprochen? (z. B. Projektrahmen, Zugang zum Rohmaterial, Anonymisierungsmöglichkeiten, Freigabe, Möglichkeit zur Pause, Tabuthemen…)
Weisst du, worüber dein Gegenüber nicht sprechen möchte?
Wissen die Gesprächspartner*innen, dass sie das Gespräch unterbrechen oder sogar abbrechen dürfen - und dass ihr Wohlergehen wichtiger ist, als das Projekt?
Mit welcher ethischen Haltung gehst du in das Gespräch? Wie schützt du dich vor Sensationslust und blosser Neugier?
Phase III - Das Gespräch
Vom Einstieg und Abmachungen im Interviewteil
Milva Stark, 1982 in Gelsenkirchen geboren, studierte Schauspiel an der Universität der Künste in Berlin. 2007 erhielt sie den Förderpreis für Bildung und Forschung beim Theatertreffen deutschsprachiger Schauspielschulen in Salzburg. Sie war am Ernst Deutsch Theater in Hamburg und an der Schaubühne Berlin engagiert und von 2008 bis 2021 festes Ensemblemitglied am Konzert Theater Bern (heute Bühnen Bern). Neben ihrer Bühnentätigkeit ist sie als Sprecherin für Hörspiele und Poetry Slammerin aktiv. Seit 2021 arbeitet sie freischaffend. Das Stück über Suizidhinterbliebene, basierend auf Gesprächen mit Betroffenen, ist noch in der Umsetzung. Nach der Recherchephase haben sich die Lebenssituationen der Projektbeteiligten verändert und es wurde entschlossen, das Projekt vorerst ruhen zu lassen.
Es ist entscheidend, einen Ort zu schaffen, an dem sich die Gesprächspartner*innen wohlfühlen und sich öffnen können. Bei einem so sensiblen Thema wie Suizid ist ein Café sicher nicht der geeignete Ort. Je heikler das Thema, desto wichtiger ist eine private Umgebung, um eine Wohlfühlsituation für die Gesprächspartnerinnen zu gewährleisten.
Vor dem Gespräch haben wir die Rahmenbedingungen gemeinsam besprochen. Wir haben klargestellt, dass sie nichts beantworten müssen, was sie nicht beantworten wollen, und betont, dass sie das Interview jederzeit ohne weitere Erklärung unterbrechen oder beenden können. In der Regel gibt es auch Abmachungen von den Gesprächspartner*innen mir gegenüber. Zum Beispiel wusste ich bei einer Person im Voraus, dass sie nicht über die Methode des Suizids sprechen wollte. Solche Abmachungen respektiere ich und frage nicht nach. Zudem haben wir ein Check-in durchgeführt, um zu erfahren, wie es der Person an diesem Tag geht.
Meine selbstauferlegte Regel war, die eigene Neugier zu zügeln. Vor dem Gespräch reflektiere ich, wen ich treffe, was für die Person wichtig ist und was sie benötigt, um sich wohlzufühlen und ein gutes Gespräch führen zu können. Ich bereite mich emotional auf die Person und das Thema vor und versuche, eine ruhige und intime Atmosphäre zu schaffen.
Inhaltlich war es mir wichtig, nicht über die Ursachen des Suizids der Person zu sprechen, die sie verloren hat, sondern über die Sicht der Betroffenen. Zum Beispiel frage ich: «Was hättest du dir nach dem Vorfall gewünscht oder gebraucht?» Dies reduziert Sensationslust. Es ist essenziell, die vorher vereinbarten Grenzen zu spüren und zu respektieren, ohne Druck auszuüben und ohne effekthascherischen Bild- oder Blick-Journalismus zu betreiben.
Mit einem gut vorbereiteten Fragenkatalog ging ich in das Gespräch. Starke Fragen helfen, die eigene «Skandallust» zu kontrollieren. Man darf nichts erzwingen und muss seine Machtposition als Fragende*r bedenken.
Reflektiere dein Projekt
Welcher Ort ist der richtige für eure Gesprächspartner*innen? Wie wollt ihr ihn gemeinsam festlegen und gestalten?
Habt ihr die Rahmenbedingungen direkt vor dem Gespräch noch einmal besprochen? (z. B. Projektrahmen, Zugang zum Rohmaterial, Anonymisierungsmöglichkeiten, Freigabe, Möglichkeit zur Pause, Tabuthemen…)
Weisst du, worüber dein Gegenüber nicht sprechen möchte?
Wissen die Gesprächspartner*innen, dass sie das Gespräch unterbrechen oder sogar abbrechen dürfen - und dass ihr Wohlergehen wichtiger ist, als das Projekt?
Mit welcher ethischen Haltung gehst du in das Gespräch? Wie schützt du dich vor Sensationslust und blosser Neugier?