Phase II - Der Projektaufbau
Wer schreibt & spricht?
Marion Zurbach, Tänzerin & Choreografin in Marseille und Bern begann nach mehrjährigem Engagement bei Konzert Theater Bern in der freien Szene zu arbeiten, 2015 gründete sie die Unplush Dance Company, für die sie 2019 mit dem schweizerischen Nachwuchs-Tanzpreis (June Johnson Dance Price) ausgezeichnet wurde. An der Berner Hochschule der Künste (HKB) schloss sie den Master Expanded Theatre ab. Mit ihr haben wir über drei Projekte gesprochen: «Les Promises», ein Theaterprojekt über Lebensgeschichten junger Teenager Mädchen aus der Marseiller Banlieue, das wegen der Pandemie zu einem kollektiv realisierten Film wurde, «Biche», eine Performance über einen wegweisenden Unfall im Leben einer Tänzerin und «Body Lecture», einer Performance über Marions eigene Verletzungen als Balletttänzerin.
Castings lehne ich ab. Das erlebte ich als Tänzerin als Form der Gewalt. Gerade bei Teenagern und Laien war mir das Motto wichtig: «Jede, die mitmachen will, ist willkommen. Ich gebe den Rahmen, bin aber nicht die Autoritätsfigur.» Das hat bei «Les Promises» funktioniert, am Ende waren sechs junge Frauen aktiv beteiligt bis am Schluss, zwei sind vorher ausgestiegen.
Ich wollte mittels Theater und Tanz ihre eigenen Geschichten thematisieren: Das kann den Protagonist*innen guttun, ihr Selbstbewusstsein stärken, ihrer Lebenswelt in einer Banlieue, Anerkennung und eine Stimme geben. Darum war für mich von Anfang an auch klar, dass die Teenagerinnen selbst schreiben, was sie wie sagen wollen. Folglich sind sie als Co-Autorinnen aufgeführt in den Credits. Punkto Bezahlung haben wir mit ähnlich arbeitenden Compagnies verglichen. Die Sozialarbeiterin riet uns ab, die Workshops zu bezahlen, sonst würden sie deswegen teilnehmen und die Familien könnten Probleme wegen der Sozialbeiträge bekommen. Wir boten darum Mahlzeiten beim Proben an, wollten sie für die Performances entlöhnen, aber die fielen wegen Corona aus. Nun haben wir ihnen den Erlös des Filmverkaufs voll übertragen.
Das Projekt hat – auch wegen coronabedingten Unterbrüchen und zwei abgesagten Premieren – viel Beziehungs- und Vertrauensarbeit erfordert. Bis heute stehe ich in gutem Kontakt mit den Teilnehmenden, während der Projektzeit habe ich zum Beispiel auch mit Bewerbungsschreiben für Schulen geholfen.
Je besser wir uns kannten, desto mehr hatten sie das Vertrauen, auch privatere Sachen zu thematisieren. Dennoch hielt ich mein Credo hoch: ich drängle niemanden zu einer Aussage, einem Geständnis oder zum Teilen einer persönliche Geschichte. Bei den Teenagern fiel zusätzlich auch Beziehungs- und Erklärarbeit zu den Eltern an: ihnen erläuterte ich die Vision, das Vorhaben, das Warum. Ein «Ja, wir werden sehen» reicht nicht! Schliesslich haben die Eltern einen Vertrag unterschrieben, dass die Produktion das Material nutzen darf.
Reflektiere dein Projekt
Wie und wo willst du die Laien für dein Projekt finden, und wer hilft dir dabei?
Wie gestaltest du die Auswahl, und wie begründest du Absagen?
Was sind deine Grundsätze im Umgang mit privaten Geschichten? Teilst du diese Grundsätze transparent den Beteiligten mit?
Welche Tabus gibt es, die nicht im Probenprozess und auf der Bühne vorkommen sollen?
Kennst du die Absicht und Motivation der Teilnehmenden zum Mitmachen? Stimmen sie mit deinen Ideen überein?
Konntest du deine Projektidee klar und verständlich genug allen Beteiligten vermitteln?
Wie beziehst du die Eltern Minderjähriger mit ein?
Phase II - Der Projektaufbau
Wer schreibt & spricht?
Marion Zurbach, Tänzerin & Choreografin in Marseille und Bern begann nach mehrjährigem Engagement bei Konzert Theater Bern in der freien Szene zu arbeiten, 2015 gründete sie die Unplush Dance Company, für die sie 2019 mit dem schweizerischen Nachwuchs-Tanzpreis (June Johnson Dance Price) ausgezeichnet wurde. An der Berner Hochschule der Künste (HKB) schloss sie den Master Expanded Theatre ab. Mit ihr haben wir über drei Projekte gesprochen: «Les Promises», ein Theaterprojekt über Lebensgeschichten junger Teenager Mädchen aus der Marseiller Banlieue, das wegen der Pandemie zu einem kollektiv realisierten Film wurde, «Biche», eine Performance über einen wegweisenden Unfall im Leben einer Tänzerin und «Body Lecture», einer Performance über Marions eigene Verletzungen als Balletttänzerin.
Castings lehne ich ab. Das erlebte ich als Tänzerin als Form der Gewalt. Gerade bei Teenagern und Laien war mir das Motto wichtig: «Jede, die mitmachen will, ist willkommen. Ich gebe den Rahmen, bin aber nicht die Autoritätsfigur.» Das hat bei «Les Promises» funktioniert, am Ende waren sechs junge Frauen aktiv beteiligt bis am Schluss, zwei sind vorher ausgestiegen.
Ich wollte mittels Theater und Tanz ihre eigenen Geschichten thematisieren: Das kann den Protagonist*innen guttun, ihr Selbstbewusstsein stärken, ihrer Lebenswelt in einer Banlieue, Anerkennung und eine Stimme geben. Darum war für mich von Anfang an auch klar, dass die Teenagerinnen selbst schreiben, was sie wie sagen wollen. Folglich sind sie als Co-Autorinnen aufgeführt in den Credits. Punkto Bezahlung haben wir mit ähnlich arbeitenden Compagnies verglichen. Die Sozialarbeiterin riet uns ab, die Workshops zu bezahlen, sonst würden sie deswegen teilnehmen und die Familien könnten Probleme wegen der Sozialbeiträge bekommen. Wir boten darum Mahlzeiten beim Proben an, wollten sie für die Performances entlöhnen, aber die fielen wegen Corona aus. Nun haben wir ihnen den Erlös des Filmverkaufs voll übertragen.
Das Projekt hat – auch wegen coronabedingten Unterbrüchen und zwei abgesagten Premieren – viel Beziehungs- und Vertrauensarbeit erfordert. Bis heute stehe ich in gutem Kontakt mit den Teilnehmenden, während der Projektzeit habe ich zum Beispiel auch mit Bewerbungsschreiben für Schulen geholfen.
Je besser wir uns kannten, desto mehr hatten sie das Vertrauen, auch privatere Sachen zu thematisieren. Dennoch hielt ich mein Credo hoch: ich drängle niemanden zu einer Aussage, einem Geständnis oder zum Teilen einer persönliche Geschichte. Bei den Teenagern fiel zusätzlich auch Beziehungs- und Erklärarbeit zu den Eltern an: ihnen erläuterte ich die Vision, das Vorhaben, das Warum. Ein «Ja, wir werden sehen» reicht nicht! Schliesslich haben die Eltern einen Vertrag unterschrieben, dass die Produktion das Material nutzen darf.
Reflektiere dein Projekt
Wie und wo willst du die Laien für dein Projekt finden, und wer hilft dir dabei?
Wie gestaltest du die Auswahl, und wie begründest du Absagen?
Was sind deine Grundsätze im Umgang mit privaten Geschichten? Teilst du diese Grundsätze transparent den Beteiligten mit?
Welche Tabus gibt es, die nicht im Probenprozess und auf der Bühne vorkommen sollen?
Kennst du die Absicht und Motivation der Teilnehmenden zum Mitmachen? Stimmen sie mit deinen Ideen überein?
Konntest du deine Projektidee klar und verständlich genug allen Beteiligten vermitteln?
Wie beziehst du die Eltern Minderjähriger mit ein?