Phase IV - Die Transformation
Grundsätze und dramaturgische Kniffe
Chris Leuenberger und Marcel Schwald haben seit 2015 gemeinsam drei Stücke realisiert und künstlerisch umgesetzt, die sich um die Themen Berührung und Männlichkeit, Trans-Identität drehten, sowie um die erste Berner Ausdruckstanz-Schule und deren streitbaren Gründer. Gemeinsam haben sie mehrere dokumentarische Tanzperformances umgesetzt, in denen Menschen aus spezifischen kulturellen Kontexten autobiografisches Material umsetzen und verkörpern. Die Personensuche variiert stark je Stoff. Regisseur, Dramaturg und Autor Marcel Schwald teilt sich mit Chris Leuenberger die Co-Leitung. Leuenberger ist Choreograf, Performer und Coach.
Schwald: Ein unumstösslicher Grundsatz von uns, den wir schon im Casting vermitteln: Niemensch muss auf der Bühne etwas sagen, womit Mensch sich unwohl fühlt. Es gibt formale Mittel, um Personen und ihre Geschichten zu schützen. Persönliche Erzählungen können entkoppelt werden – beispielsweise fragen wir, ob jemand den Part stellvertretend übernehmen möchte, das bietet auch Schutz. Oder Sprechen im Dunkeln ist ein gängiges Stilmittel. In «Touch Isolation» gibt es eine heikle Passage, in der einer im Namen aller erzählt, wie er Lust empfunden habe in einem unpassenden Kontext, das finde ich in dieser Darstellung auch künstlerisch interessanter: der Satz ist losgelöst vom Ich, von der skandalisierenden Zuschreibung.
Leuenberger: Beim Proben beginnen wir oft mit belangloseren Icebreakern, damit die Leute aus der Reserve kommen. Wir lassen sie auch selber schreiben, so behalten sie die inhaltliche Hoheit über den Text. Wir als Choreograf und Regisseur schreiben manchmal auch mit, das macht den Prozess kollektiver.
Schwald: Bei «Touch Isolation» strichen wir eine heikle Passage, weil mehrere der Gruppe signalisierten, eine Geschichte könne zu Ungunsten des Erzählenden ausgelegt werden. Letzterer war nicht so einsichtig und enttäuscht, dass die für ihn wichtige Passage wegfiel. In der Gruppe spiegelten und diskutierten wir: «Ist dir bewusst, was du damit sagst?». Wäre die Passage dringeblieben, hätte ich sie abgeben wollen zum Inszenieren an jemandem, der sich mit diesem Thema besser auskennt.
Reflektiere dein Projekt
Was sind die unumstösslichen Grundsätze punkto Anonymisierung und Fiktionalisierung – für dich und die Darsteller*innen auf der Bühne? Definiert ihr die gemeinsam?
Hast du Anonymisierungsangebote parat, oder willst du die gemeinsam erarbeiten?
Gibt es einen Moment, ab dem die Leitung die Texthoheit beanspruchen muss oder darf? Welcher ist das und wie kommunizierst bzw. begründest du ihn?
Hast du dir ein bestimmtes Vorgehen oder No-Gos überlegt beim Feedbacken und Spiegeln von persönlichem Material – im Einzel- und Gruppengespräch?
Wie regelt ihr die Credits, wenn alle mitschreiben?
Phase IV - Die Transformation
Grundsätze und dramaturgische Kniffe
Chris Leuenberger und Marcel Schwald haben seit 2015 gemeinsam drei Stücke realisiert und künstlerisch umgesetzt, die sich um die Themen Berührung und Männlichkeit, Trans-Identität drehten, sowie um die erste Berner Ausdruckstanz-Schule und deren streitbaren Gründer. Gemeinsam haben sie mehrere dokumentarische Tanzperformances umgesetzt, in denen Menschen aus spezifischen kulturellen Kontexten autobiografisches Material umsetzen und verkörpern. Die Personensuche variiert stark je Stoff. Regisseur, Dramaturg und Autor Marcel Schwald teilt sich mit Chris Leuenberger die Co-Leitung. Leuenberger ist Choreograf, Performer und Coach.
Schwald: Ein unumstösslicher Grundsatz von uns, den wir schon im Casting vermitteln: Niemensch muss auf der Bühne etwas sagen, womit Mensch sich unwohl fühlt. Es gibt formale Mittel, um Personen und ihre Geschichten zu schützen. Persönliche Erzählungen können entkoppelt werden – beispielsweise fragen wir, ob jemand den Part stellvertretend übernehmen möchte, das bietet auch Schutz. Oder Sprechen im Dunkeln ist ein gängiges Stilmittel. In «Touch Isolation» gibt es eine heikle Passage, in der einer im Namen aller erzählt, wie er Lust empfunden habe in einem unpassenden Kontext, das finde ich in dieser Darstellung auch künstlerisch interessanter: der Satz ist losgelöst vom Ich, von der skandalisierenden Zuschreibung.
Leuenberger: Beim Proben beginnen wir oft mit belangloseren Icebreakern, damit die Leute aus der Reserve kommen. Wir lassen sie auch selber schreiben, so behalten sie die inhaltliche Hoheit über den Text. Wir als Choreograf und Regisseur schreiben manchmal auch mit, das macht den Prozess kollektiver.
Schwald: Bei «Touch Isolation» strichen wir eine heikle Passage, weil mehrere der Gruppe signalisierten, eine Geschichte könne zu Ungunsten des Erzählenden ausgelegt werden. Letzterer war nicht so einsichtig und enttäuscht, dass die für ihn wichtige Passage wegfiel. In der Gruppe spiegelten und diskutierten wir: «Ist dir bewusst, was du damit sagst?». Wäre die Passage dringeblieben, hätte ich sie abgeben wollen zum Inszenieren an jemandem, der sich mit diesem Thema besser auskennt.
Reflektiere dein Projekt
Was sind die unumstösslichen Grundsätze punkto Anonymisierung und Fiktionalisierung – für dich und die Darsteller*innen auf der Bühne? Definiert ihr die gemeinsam?
Hast du Anonymisierungsangebote parat, oder willst du die gemeinsam erarbeiten?
Gibt es einen Moment, ab dem die Leitung die Texthoheit beanspruchen muss oder darf? Welcher ist das und wie kommunizierst bzw. begründest du ihn?
Hast du dir ein bestimmtes Vorgehen oder No-Gos überlegt beim Feedbacken und Spiegeln von persönlichem Material – im Einzel- und Gruppengespräch?
Wie regelt ihr die Credits, wenn alle mitschreiben?