Phase II - Der Projektaufbau
Motive der Protagonist*innen beleuchten und prüfen
Barbara Achermann ist Schweizer Journalistin und Autorin, aktuell stellvertretende Chefredakteurin bei «Das Magazin». Sie recherchierte und schrieb u.a. über Geschlechterdiskriminierung im Spitalbetrieb oder einen vertuschten Anschlag in Chur, bei dem vier Tamilen ums Leben kamen. 2022 sorgte sie mit zwei Investigativreportagen im Bereich Tanz für Wirbel, Untersuchungen und Entlassungen: «Die Stange der Schande» (2.6.2022 in «Der Zeit», Auszeichnung Swiss Press Award 2023) zeigt Missbrauch und strukturelle Misständen an der Tanzakademie Zürich (TaZ), die zur Hochschule der Künste Zürich gehört, auf. Dem Leitungsteam wurde aufgrund des Artikels fristlos gekündigt. Ein Untersuchungsbericht bestätigte später die Recherche und kam zum Schluss, dass die Fürsorgepflicht «teilweise zu wenig wahrgenommen wurde». Der Artikel «Ich möchte dich heute wirklich anfassen» (28.9.2022 in «Der Zeit») thematisierte sexuelle Belästigung durch einen Probenleiter an der Ballettkompanie am Stadttheater Bern, der kurz daraufhin entlassen wurde.
Bei der Recherche zur Tanzakademie Zürich haben mir zwei Tänzer*innen erzählt, sie hätten eine sehr gute Zeit an der TaZ gehabt, alles sei tipptopp. Das liess mich erst an den Motiven der Beschädigten, also der jungen Tänzerinnen, zweifeln: wollten sie sich rächen oder wichtig machen? Die Menge und Qualität der Aussagen von 12 Menschen sowie schriftliches Beweismaterial wie SMS- und Maildokumente, Tagebucheinträge und offizielle Beschwerden haben mir dann aber ermöglicht, den Fakt des Missbrauchs hart zu machen.
Man muss die Aussagen der Protagonist*innen gleichwohl immer wieder hinterfragen. Es ist der «Worst Case», jemanden fälschlicherweise öffentlich zu beschuldigen. Das darf nicht passieren. Viele gute Geschichten werden in letzter Minute zurückgezogen, weil die Quellen kalte Füsse bekommen. Es ist darum wichtig, in einem Vorgespräch zu prüfen, ob für die Leute der Weg der Publikmachung oder doch eher ein juristischer und/oder psychologischer sinnvoll ist. Und ich versuche so früh wie möglich transparent zu machen, dass auch ich viel Zeit investiere und mich auf das Gegenüber verlasse. Bei unsicheren Gesprächspartner*innen ist es mir lieber, wenn sie früh abspringen oder ich die Zusammenarbeit früh beende.
Reflektiere dein Projekt
Welche Motive der Protagonist*innen zur Teilnahme am Projekt ist für dich legitim, wo ziehst du eine Grenze?
Wie stimmt und sprecht ihr eure Motivation zum Projekt gegenseitig ab? Und wie habt ihr das im Verlauf des Prozesses?
Inwieweit bist du bereit, deine Motive fürs Projekt zu teilen und zu re-evaluieren?
Phase II - Der Projektaufbau
Motive der Protagonist*innen beleuchten und prüfen
Barbara Achermann ist Schweizer Journalistin und Autorin, aktuell stellvertretende Chefredakteurin bei «Das Magazin». Sie recherchierte und schrieb u.a. über Geschlechterdiskriminierung im Spitalbetrieb oder einen vertuschten Anschlag in Chur, bei dem vier Tamilen ums Leben kamen. 2022 sorgte sie mit zwei Investigativreportagen im Bereich Tanz für Wirbel, Untersuchungen und Entlassungen: «Die Stange der Schande» (2.6.2022 in «Der Zeit», Auszeichnung Swiss Press Award 2023) zeigt Missbrauch und strukturelle Misständen an der Tanzakademie Zürich (TaZ), die zur Hochschule der Künste Zürich gehört, auf. Dem Leitungsteam wurde aufgrund des Artikels fristlos gekündigt. Ein Untersuchungsbericht bestätigte später die Recherche und kam zum Schluss, dass die Fürsorgepflicht «teilweise zu wenig wahrgenommen wurde». Der Artikel «Ich möchte dich heute wirklich anfassen» (28.9.2022 in «Der Zeit») thematisierte sexuelle Belästigung durch einen Probenleiter an der Ballettkompanie am Stadttheater Bern, der kurz daraufhin entlassen wurde.
Bei der Recherche zur Tanzakademie Zürich haben mir zwei Tänzer*innen erzählt, sie hätten eine sehr gute Zeit an der TaZ gehabt, alles sei tipptopp. Das liess mich erst an den Motiven der Beschädigten, also der jungen Tänzerinnen, zweifeln: wollten sie sich rächen oder wichtig machen? Die Menge und Qualität der Aussagen von 12 Menschen sowie schriftliches Beweismaterial wie SMS- und Maildokumente, Tagebucheinträge und offizielle Beschwerden haben mir dann aber ermöglicht, den Fakt des Missbrauchs hart zu machen.
Man muss die Aussagen der Protagonist*innen gleichwohl immer wieder hinterfragen. Es ist der «Worst Case», jemanden fälschlicherweise öffentlich zu beschuldigen. Das darf nicht passieren. Viele gute Geschichten werden in letzter Minute zurückgezogen, weil die Quellen kalte Füsse bekommen. Es ist darum wichtig, in einem Vorgespräch zu prüfen, ob für die Leute der Weg der Publikmachung oder doch eher ein juristischer und/oder psychologischer sinnvoll ist. Und ich versuche so früh wie möglich transparent zu machen, dass auch ich viel Zeit investiere und mich auf das Gegenüber verlasse. Bei unsicheren Gesprächspartner*innen ist es mir lieber, wenn sie früh abspringen oder ich die Zusammenarbeit früh beende.
Reflektiere dein Projekt
Welche Motive der Protagonist*innen zur Teilnahme am Projekt ist für dich legitim, wo ziehst du eine Grenze?
Wie stimmt und sprecht ihr eure Motivation zum Projekt gegenseitig ab? Und wie habt ihr das im Verlauf des Prozesses?
Inwieweit bist du bereit, deine Motive fürs Projekt zu teilen und zu re-evaluieren?